Fachwissen

3D-Druck: Revolution in der Medizintechnik

Von verbesserten Zentrifugen bis zu fortschrittlichen Röntgenstrahlenrastern: Dieser Artikel beleuchtet die Transformation medizinischer Gerätefertigung durch additive Fertigungsverfahren und zeigt, wie 3D-Druck die Medizintechnik revolutioniert.

Bauteile für medizinisches Equipment, zum Beispiel CT-, MRT- und Röntgengeräte, lassen sich mit additiven Fertigungsverfahren deutlich wirtschaftlicher herstellen. Hochkomplexe, individuelle Geometrien können mit 3D-Druck verwirklicht werden.

Viele medizinische Geräte und Teile der Laborausstattung sind hochwertige und komplexe Nischenprodukte, die in Kleinserien produziert werden. Für eine konventionelle Fertigung sind häufig aufwendige Werkzeuge erforderlich, deren Kosten auf die Produkte umgelegt werden müssen. Die additive Fertigung hingegen arbeitet werkzeuglos und ermöglicht deshalb eine wirtschaftliche Herstellung von Bauteilen in kleineren Serien bis hin zu Losgrösse 1. Der Produktionsprozess basiert allein auf CAD-Daten der Bauteile. Diese Technologie sorgt für grosse Freiheiten bei der Gestaltung. Zudem besteht die Option, Funktionen direkt in ein Bauteil zu integrieren. So ergeben sich eine kürzere Time-to-Market und viele Möglichkeiten zur Produktoptimierung.

Von 32 auf 3 zu montierende Komponenten

Der Zentrifugenhersteller Hettich AG in Bäch (SZ) produziert Laborgeräte seit dem Jahr 1977. Das Unternehmen erfand und patentierte eine neue Form der Zentrifuge, die das Sedimentieren und Separieren der Blutkomponenten in einem Gerät ermöglicht. Zum Herstellen der Zentrifugen nutzt der Hersteller konsequent die Vorteile des 3D-Drucks. Damit hat er die Wirtschaftlichkeit in der Serienproduktion erheblich verbessert. Bereits vor 25 Jahren hat der Medizintechniker in Bäch in den ersten 3D-Drucker investiert – in erster Linie, da die Technologie interessant war. Damals wurde aber noch kein Produkt additiv gefertigt. Heute ist dies anders. Die Möglichkeiten der additiven Fertigung sind für die Medizintechnik vielfältig und innovativ. Bauteile können konstruiert und hergestellt werden, welche mit anderen Fertigungstechniken nicht realisierbar sind. Dazu sagt Dieter Sorg, Head of CAM bei der Hettich AG: «Bei additiv gefertigten Teilen muss man in Funktionen denken und nicht, wie man es herstellt.» Auch der Automatisierungsgrad erhöht sich dank der 3D-Drucktechnologie. Die Zentrifuge Rotomat besteht aus einem Trommelmotor mit sechs Behältern und Auffangschalen. Die Behälter haben eine aufwendige Geometrie und unterliegen einer hohen Rotationsgeschwindigkeit mit Beschleunigungskräften, die die 1200-fache Erdbeschleunigung erreichen. Typische Anwendungen für Zentrifugen, die mit Fliehkraft Gemische in ihre Bestandteile trennen, sind beispielsweise das Aufbereiten von Blutproben oder das Anfertigen eines Blutbilds. Konventionell hergestellt besteht ein Waschrotor aus 32 einzelnen Bauteilen, die zusammengesetzt werden müssen. Dies erfordert komplexe Werkzeuge und eine zeitintensive Montage, zumal die Einspritzröhrchen aus Edelstahl aufwendig entgratet werden müssen. Deutlich besser fertigt der Gerätehersteller in Bäch die Zentrifugen inzwischen mit generativ gefertigten Bauteilen. Dazu wurde der Waschrotor neu konstruiert. Er besteht nun aus 3 statt 32 Montagekomponenten – bei verbesserter Funktionalität. Die Behälter werden werkzeuglos bei niedrigen Produktionskosten montiert. Kleinserien sowie regionale Anpassungen sind problemlos realisierbar. Das zeitaufwendige Entgraten entfällt komplett.

Qualifizierte Partner für 3D-Druck

Beim Herstellen der Laborgeräte setzt Hettich auf EOS als weltweit führenden Technologieanbieter im industriellen 3D-Druck von Metallen und Kunststoffen. Dieser Hersteller bietet weit mehr als nur die notwendigen Materialien und Systeme für den additiven Fertigungsprozess. Mit einem hohen Marktverständnis und genauer Kenntnis spezifischer Entwicklungsabläufe in der Medizinbranche arbeitet EOS eng während des gesamten Entwicklungs- und Produktionsprozesses mit einem starken Partnernetzwerk zusammen. Auch andere Bauteile für medizinisches Equipment, beispielsweise für Röntgengeräte, können mit 3D-Drucktechnologie optimal gefertigt werden. Röntgenstrahlenraster (Anti-​Scatter Grids, Streustrahlenraster) herzustellen, ist sehr anspruchsvoll, zeitaufwendig und somit kostenintensiv. Streustrahlenraster fangen die vom Körpergewebe des Patienten abgelenkten Röntgenstrahlen ein, bevor diese den Film oder die IP-Platte erreichen. So werden sowohl der Kontrast wie auch die Genauigkeit von Röntgen-Aufnahmen verbessert. Sie herzustellen, gelingt nun mit generati­ver Fertigung deutlich effizienter. Das 3D-Drucksystem M290 in Kombination mit dem Werkstoff Wolfram (Tungsten W1) ist die erste und einzige am Markt verfügbare Lösung für die anspruchsvolle Fertigung von Röntgenstrahlenrastern. Sie hat einen immensen Vorteil. Sie weist ein attraktiveres Stückkostenverhältnis auf als die Fertigung mittels konventioneller Verfahren.

Kompetenz von der Idee bis zum fertigen Bauteil

Die Urma AG hat in den vergangenen Jahren einerseits durch eigene Anwendungen und andererseits mit dem Verkauf von Maschinen ein grosses Know-how in der additiven Fertigung aufgebaut. Dank unterschiedlichen Partnerunternehmen deckt das Unternehmen im Kunststoff- und Metallbereich ein grosses Spektrum der additiven Fertigung ab. Dabei begleiten und beraten die 3D-Spezialisten Anwender von der Idee über die gesamte 3D-Prozesskette bis zum fertigen Bauteil mit den richtigen Produkten und Partnern. Fertigungsunternehmen können die additive Fertigung bei der Prototypen-Entwicklung und auch beim Bau von Komponenten für Klein- und Grossserien nutzen. In produzierenden Unternehmen unterstützt der 3D-Druck die Entwicklung, die Produktion und die Montage. Urma druckt bereits seit vielen Jahren regelmässig Betriebsmittel, zum Beispiel Spannbacken für die eigene Produktion. In der Entwicklung des Fräsers MX diamond beispielsweise haben die Spezialisten den Grundkörper in einer ersten Prototypenphase mit einem Kunststoffdrucker gedruckt, um Tests betreffend der Kühlkanäle zu fahren. So konnten dank der sehr schnellen additiven Grundkörperfertigung unterschiedliche Verläufe der Kühlmittelkanäle generiert, getestet und optimiert werden. Oliver Berner, Director Machines bei Urma AG, berichtet dazu: «Bei der Neuentwicklung unseres Planfräsers ist unsere 3D-Druck-Kompetenz erheblich in die Entwicklung mit eingeflossen.» Für die folgenden Feldversuche bei Fertigungs­unternehmen haben die Werkzeugspezialisten den Grundkörper mit dem Metalldrucker M 290 von EOS gefertigt. Dies ermöglichte die Testphase unter Echtbedingungen. Dank des 3D-Drucks konnte der Ablauf «Time-to-Market» signifikant verkürzt werden.

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